1 Reinhold Tritt:
Die Welle
2 VORWORT Es geschah 1967: San Francisco ist auf dem Höhepunkt der Hippiebewegung. Flower Power und Blumenkinder werden zum Symbol einer Sehnsucht nach Freiheit und Individualität. In Palo Alto, unweit von San Francisco, unterrichtet Ron Jones, der echte 'Mr. Ross', Geschichte in einer kalifornischen High School. Die Schüler glauben nicht, daß eine Minderheit eine Mehrheit gegen ihren Willen einschüchtern und beherrschen kann. "Wenn die Mehrzahl der Deutschen keine Nazis waren, warum hat denn keiner versucht, den Holocaust zu verhindern?" Diese Frage einer Schülerin bewegte Ron Jones 1967 ein Experiment zu starten. Ron Jones: "Ich wollte, daß die Schüler erfahren, wie es damals in Deutschland zuging. Sie sollten aber nicht nur etwas darüber lesen, sondern selbst erleben, was es heißt, LB. gleichzeitig aufzuspringen und irgendetwas zu brüllen oder in einer sehr disziplinierten Weise dazusitzen, oder von einer Person abhängig zu sein, die einem dauernd sagt, was man machen soll." Disziplin und Gemeinschaftssinn werden als neue Tugenden der Klasse einstudiert. Als dann die Gruppe zur Aktion schreitet und eine Bewegung ausgelöst, die sich über die ganze Schule verbreitet, gerät das Experiment außer Kontrolle. Die Schüler sind nicht nur bereit ihre Individualität zugunsten eines bequemen, unselbstständigen und disziplinären Verhaltens aufzugeben, sondern zwingen auch andere Schüler Mitglied der Welle zu werden. Ist alles nur ein Spiel oder werden hier die menschlichen Gehorsamsmechanismen wieder in Gang gesetzt? "Drei Viertel der Durschnittsbevölkerung können einer Autorität folgend, andere unschuldige Menschen quälen, foltern und liquidieren." Zu dieser Erkenntnis kam Stanley Milgram bei seinen wissenschaftlichen Experimenten mit simulierten Elektroschocks. Obwohl keine direkte Parallele zwischen diesen Experimenten und dem Nationalsozialismus besteht, so zeigt es doch die Bereitschaft von Menschen im Rahmen einer gegebenen Ordnung unter Ausschluß von moralischen Erwägungen zu funktionieren. Die Handlungen der Menschen im Dritten Reich bleiben ein Phänomen, das sich hoffentlich nicht so leicht wiederholen wird. Ron Jones: "Ich glaube, irgend jemand hätte am Anfang gleich aufstehen und sagen sollen: `Mr. Jones, ich folge Ihnen nicht, ich sage Ihnen, das ist schlecht, was Sie machen!' Dann hätten wir anfangen können, darüber zu reden. Aber während des ganzen Experiments hat sich niemand dagegen gewehrt; kein Schüler, kein Lehrer, von den Eltern niemand und niemand von den Geistlichen - und das ist es, was mich erschreckt hat." Zehn Jahre lang war dies ein wohlgehütetes Geheimnis. Erst dann entschloß sich Ron Jones die Ereignisse als Geschichte zu veröffentlichen, auf der sowohl der Roman als auch diese Theaterfassung basieren. DIE WELLE ist auch fürs Fernsehen verfilmt worden. INSZENIERUNG Die Inszenierung basiert auf einem Bühnenbild, das auf drei Ebenen spielt. Auf der Hauptbühne wird die Geschichte in der Schule gespielt, während zwei Vorderbühnen als Reflexionsebenen für Laurie (Redaktionsbüro) und Ben Ross dienen. Diese Lösung erlaubt ein Simultanspiel ohne Umbauten. Andere Szenische Lösungen sind denkbar.
3 DIE WELLE Personen Ben Ross Christie Ross Direktor Owens Laurie Saunders David Collins Robert Billings Brian Ammon Brad Marlowe Amy Smith Alex Cooper Andy Block Andrea White Janet Baker
SZENENFOLGE
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Prolog Schulklasse Cafeteria Redaktionsbüro Ross Schulklasse Ross Schulklasse Redaktionsbüro Ross Schulklasse
Schüler, Ben Ross David, Brad, Brian, Laurie, Robert Amy, Laurie, Andy, Alex Ben, Christie Schüler, Ben Ross Ben, Christie Schüler, Ben Ross Laurie, David, Alex Ben, Christie Schüler, Ben Ross - PAUSE -
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
Ross Redaktionsbüro Direktor Owens Redaktionsbüro Footballstadion Schule Ross Schulklasse 20. Versammlung
Ben, Christie, Robert Amy, Laurie, David, Andy, Alex Ben Ross, Direktor Owens Laurie, Alex Laurie, Brad, Andrea, Janet, Robert, Andy Schüler Ben, Christie, Laurie, David Ben Ross, Direktor Owens Schüler, Ben Ross
4 DIE WELLE PROLOG (Die Spieler sitzen im Publikum und stellen sich einzeln vor. Ihre Aussagen sind nicht aufeinander bezogen. Nach ihrer Vorstellung frieren sie wieder in einer Pose ein.) Brian
Hi. Ich bin Brian Ammon. Ihr habt euch vielleicht ‚ne langweilige Penne ausgesucht Hier schreibt man Fünfen aus Überzeugung. Für mich gibt es nur eins: Football. He - das war Amy. Da muß ich mich mal ranhalten. Bye, wir sehn uns später.
Janet
Brad
David
Hi, ich bin Janet. Eigentlich wäre ich schon viel lieber auf dem College, da sind die Leute wenigstens erwachsen. Mein Freund ist übrigens schon 22 und holt mich gleich mit seinem Caddy ab. Endlich raus aus diesem Kindergarten. Ich bin Brad und gehe auch auf die Gordon High School, drei Jahre noch, wenn alles klappt in der Schule läuft bei mir nicht so viel, aber beim Football. Na ja, z. Zt. bin ich nur Reserve. Fünfmal rot gesehen, und dann noch den Schiri umgerannt Sonst hau ich manchmal gerne auf den Putz, besonders gern bei Robert Hi, ich bin David. Am liebsten spiel' ich Football, denn für die Börse bin ich noch zu jung. Das Team hier kannste vergessen, aber die Jungs vom Football sind echt gut drauf. Freundin: Laurie. Die schmeißt hier den ganzen Laden. Ohne die läuft nichts. Später? Später geht's auf das College und die University: Computer bauen - das ist die Technik der Zukunft
Andy
Laurie
Andrea
Hi, ich bin Andy. Ich komm grad von 'nein Trip aus San Francisco. Hatte da 'nen date beim President. Ich bin nämlich die Starreporterin der Gordon News und mein Freund Alex ist ein genauso großer Pacmen-Fan wie ich. Ich bin Laurie Saunders, 17 Jahre, Chefredakteurin der Schülerzeitung Gordon News. Die Aufgabe macht mir Spaß. Nur die anderen Mitarbeiter müßten zuverlässiger sein. Mit David meinem Freund bin ich schon seit zwei Jahren zusammen. Im Prinzip ist die Beziehung ganz O.K., auch wenn's manchmal kriselt. Nach der High School wollen wir vielleicht studieren. Man wird sehen. Hallo. Ich bin Andrea. Ich komm gerade vom Tanzunterricht. Ich will Tänzerin werden. Meine Lehrerin meint zwar soll mir nicht so viel Hoffnung machen, aber der werd ich's schon zeigen. Einen Haken bat die Sache allerdings, Ich muß gute Noten bringen, sonst bezahlt mein Daddy die Tanzstunden nicht mehr. Einen Freund? Nein. Einen Freund habe ich nicht Warum auch? Ich will tanzen.
Alex Alex Cooper, Gordon News. Zwei Jahre weiter als die anderen: Abschlußklasse. Ich hab's schon hinter mir. Und dann: Florida; Miami Beach. Besondere Kennzeichen: Andy.
5
Amy Hi, ich bin Amy, 16 Jahre. Meine beste Freundin ist Laurie. Wir sind beide gut in der Schule, d.h. Laurie ist manchmal ein bischen besser. Ihren Freund David finde ich unheimlich süß. Erzählt aber bloß nichts der Laurie. Naja, könnt ja auch mal mit 'nem Footballspieler... Robert Oh, wer ich bin? Ich bin Robert, wenn's euch interessiert Ich war gerade auf dem Weg zur Cafeteria, ‚nen Happen essen. Die andern sind draußen beim Football. Ich bin zu langsam zum Football. Die andern kann ich auch nicht ab, besonders Brad, das alte Ekel. Aber dem zahl ich’s auch noch mal heim. (Licht. Szene wie auf dem Schulhof. Brad, Brian, David kommen zu Robert und Laurie, Amy, Andy, Alex treffen zusammen.) Brian Oh Mann, Robert, halt doch die Fresse. Brad (schmeißt seine Tasche hinter Robert her.) Robert, fang! David (ironisch) Seid doch nicht so gemein zu Robert (Die Jungs gehen lachend ab.) Laurie Amy, der Artikel muß unbedingt noch bis morgen geschrieben werden, Amy. Dann frag doch mal Andy und Alex. Laurie He, Alex. Ich brauche den Artikel und die Fotos bis morgen. Alex Ja, Laurie, weißt du. Ich habe, glaube ich, vergessen dir zu sagen, daß ich zu meiner Großmutter muß, die Erdbeeren pflücken. Andy Und ich muß die Leiter halten. (Andy und Alex schnell ab.) Amy (zu Laurie) Mach dir nichts draus.
(Blackout)
6 1. SCHULKLASSE (Musik setzt ein. Ein Film läuft. Es werden Ausschnitte aus dem Film "Nacht und Nebel" gezeigt. Der Film zeigt Bilder aus Konzentrationslagern. Nach etwa vier Minuten ist der Film zu Ende. Das Licht geht an. Die Schüler sind noch beeindruckt von dem Film. Nur Robert schläft.) Ross Was ihr eben gesehen habt, hat sich während der Naziherrschaft in Deutschland zwischen 1933 und 1945 ereignet Die Ursache ist in den Folgen des ersten Weltkrieges zu suchen. Deutschland war besiegt worden. Eine Revolution erschütterte es. Es folgte eine Inflation. Tausende waren obdachlos. Sie hatten keine Arbeit und hungerten. Hitler nutzte diese Lage aus. Es fanden sich viele, die an sein drittes Reich glaubten. Das Ergebnis kennen wir alle: Konzentrationslager, Massenvernichtung. Zu dieser Zeit gab es die schlimmste Ausrottungsmaschinerie, die je entwickelt worden ist. (zu Robert:) Entschuldige Robert, wenn ich dich langweilen sollte. (alle lachen. Amy meldet sich) Ja, Amy? Amy Ross
Waren alle Deutschen Nazis? Nein. Nur etwa 10 Prozent waren Mitglieder der Nazipartei.
Amy Und warum hat keiner versucht den Holocaust zu verhindern? Ross Amy.
Das weiß ich auch nicht genau. Ich kann nur vermuten, daß sie Angst hatten. Die Nazis waren vielleicht eine Minderheit, aber sie waren eine gut organisierte, bewaffnete und gefährliche Minderheit Man darf nicht vergessen, daß die übrige Bevölkerung unorganisiert, unbewaffnet und verängstigt war. Vielleicht hofften manche, die Nazis könnten wieder Ordnung in die Gesellschaft bringen.
Brian Ross
Das ist doch Schnee von gestern. Was geht mich das denn heute noch an? Du sollst dafür sorgen, daß so etwas heute nicht wieder ieren kann.
Brian Brad
Als ob so etwas noch mal ieren würde. Genau. Und ob alles so stattgefunden hat wie in dem Film, ist auch noch nicht bewiesen.
Ross Oh doch! Insgesamt haben die Nazis über 10 Millionen Männer, Frauen und Kinder in ihrem Vernichtungslagern systematisch umgebracht. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 270 Tage. Viele überlebten nicht einmal eine Woche. Laune
Janet
Aber wieso haben sich die Deutschen ganz ruhig verhalten, während die Nazis massenweise Menschen abschlachteten, und dann behauptet, sie hätten von alldem nichts gewußt? Sie müssen doch damit einverstanden gewesen sein. Ich glaube, das Volk hat wirklich nichts davon gewußt
Brian (ironisch) Dann müssen ja alle blind und taub gewesen sein.
7 Ross Das Verhalten der deutschen Bevölkerung ist ein Rätsel. Nach dem Kriege habe viele Deutschen versucht ihr Verhalten damit zu erklären, daß sie nur Befehle ausgeführt hätten. Andy Na so ein Unsinn. Wie kann man Millionen Menschen umbringen, ohne daß jemand was spitz kriegt? Laude Das ist doch wirklich keine Entschuldigung. Sie hätten fortlaufen oder sich wehren können. Sie hatten doch ihre eigenen Augen und ihren eigenen Verstand. Sie konnten doch selber denken. Niemand folgt doch blind solchen Befehlen (Pausengong - die Klasse steht auf.) Brian Was ist Amy, kommst du heute Abend mit ins Kino? Amy Ich weiß nicht, ob ich Zeit habe. David Laurie, komm. Ich hab' einen Mordshunger. Du weißt doch, wie lang die Schlange in der Cafeteria ist. Brian David, kommst du? David Ja, klar. Ross Robert, warte bitte einen Augenblick Bekommst du zu Hause nicht genug Schlaf? (Robert nickt) Mußt du nachts arbeiten, und paßt deswegen im Unterricht nicht auf? Robert Kann sein. Ross Was heißt kann sein? Wie die Dinge gegenwärtig liegen, wirst du mit Sicherheit nicht versetzt werden können. Du mußt dich nicht so abkapseln, sondern versuchen, dich einzubringen. Niemand erwartet von dir, daß du so wirst wie dein Bruder Jeff. Er war ein Musterschüler, hatte die besten Noten. Du aber hast andere Qualitäten. Wir erwarten von dir, daß du dir ein wenig Mühe gibst Wenn du dich nicht überwinden kannst, im Unterricht mitzuarbeiten, dann werd' ich dir auch nicht helfen können. Robert Ist mir egal. Ross Wie meinst du das, ist mir egal? Robert Es nützt ja doch nichts. Ross Doch, es nützt was. Du mußt es nur wollen. Robert Ich werde darüber nachdenken. (Blackout)
8 2. CAFETERIA. (David und Laurie sind in der Cafeteria am Stehtisch. Laurie wirkt bedrückt) David Laurie, ich hab' einen neuen Drucker. Ich werde mein ganzes System umstellen. Ist das nicht genial? Der C3, den ich auf dem Schreibtisch habe, der kommt rüber auf die Kommode und der C4, der kommt wieder zurück auf den Schreibtisch. (kurze Pause) Was ist denn eigentlich los mit dir? Du hörst mir überhaupt nicht zu. Laurie Ach, David, Der Film, der beschäftigt mich. Diese Bilder. Die Gesichter wie Fratzen. Ich haue richtig das Gefühl, die starren mich an. Ich träume bestimmt heute Nacht davon. David Denk nicht soviel darüber nach. (sieht Lauries Hamburger) Ißt du den noch? Laune Bedien dich. Ich krieg eh nichts mehr runter. (Brian und Brad kommen im Stechschritt auf die Bühne und persiflieren den Hitlergruß. David lacht) Seid ihr denn total bekloppt? Brad Das war doch nur Spaß. Laurie Das ist kein Spaß. Da lacht keiner drüber. David Wo willst du denn hin, Laurie? Laurie Ich muß noch für die News arbeiten (geht ab). Brian Dicke Luft? Meint ihr, wir sind stark genug für Samstag? Brad Ich habe am Samstag Zeiger nimmt eine Footballpose ein) Brian la, da mußt du noch ein bißchen trainieren. Nächstes Jahr vielleicht. Du mit deinem Formtief. (Er packt mehrere Hamburger aus) David (zu Brian) Sag mal, was willst du mit dem ganzen Zeug anfangen? Brian Ich muß noch ein bißchen Gewicht zulegen. Ich brauche jedes Pfund, wenn es am kommenden Samstag gegen die Brocken von Clarkstone geht David Der Quarterback soll solche Schaufeln haben, der nimmt die Hanteln mit aufs Klo. Brian Das ist doch der Zwei-Zentner-Mann. Ist ja kein Wunder bei der E i e r d i ä t . M o r g e n s zw e i E i e r , m i t t a g s zw e i u n d a b e n d s v i e r Fischbrötchen. Brad Und ein halbes Schwein auf Toast (alle drei lachen, Robert tritt auf) Da ist Robert! Brian (Brian schleicht von hinten an Robert) Buh! (Robert erschreckt sich.) Ich glaub', er kann nicht mal das Wort Football buchstabieren. Brad Sag' mal, ist der so blöd oder tut er nur so?
9 David Laurie hat mir erzählt, er hat einen Intelligenztest gemacht Er ist eigentlich ganz normal Brian David Brad Brian Brad Brian Brad Robert Brian Brad Robert
Ach Quatsch. Der hat doch höchstens einen IQ von knapp über Raumtemperatur. (alle lachen) Also blöd oder so ist der nicht Aber komisch. Sollen wir ihn rüberholen? Au ja! Robert, willst du dich zu uns setzen? (Robert schüttelt den Kopf.) Er will sich nicht zu uns setzen. Du Robert, wie fandste den Film? Was denn turn Film? (ironisch) Was denn Men Film? Den mit den Nazis. Hab' ich nicht gesehen.
Brad Robert Brad Robert David Brian David Brian
Schade, da hast du etwas versäumt Wieso? (steht auf) 8r hätte dir bestimmt gefallen. Bei den Nazis, da hättest du auch ein Mädchen bekommen. Oder stehst du mehr auf Jungs? (springt auf) Ihr Schweine! (Er geht ab, die anderen lachen.) Das war aber ein bißchen hart, Brad Aber irre lustig. Stimmt (schaut auf die Uhr) Wir müssen zum Training. (zu Brad) Vergiß' nicht aufzuräumen, Brad! (Brian und David gehen ab.) (Blackout)
10 3 REDAKT IONSBÜRO (Amy sitzt im Redaktionsbüro. Laurie kommt rein.) Laurie Hi! Amy Hallo Laurie. (Amy steht auf.) Weißt du, was mir iert ist? Brian hat mich schon wieder gefragt, ob ich mit ihm ins Kino gehe. Vor der ganzen Klasse! Was soll ich denn nun machen? Laude Weiß ich doch nicht! Amy Sag doch mal! Mein Gott, was ist denn mit dir los? Laurie Ach, die Jungs in der Cafeteria. Du hättest sie mal erleben müssen. Die haben überhaupt nichts von dem Film verstanden. Nicht so viel. (Sie imitiert den Hitlergruß.) So haben sie gemacht und sich totgelacht Amy Ach Laurie, reg' dich doch nicht darüber auf. Du weißt doch wie die sind. (kurze Pause) Stell dir vor, man siebt uns. Laune Bitte? Amy Na, im Kino, mit Man. Ach, ich weiß nicht Laurie Hast Du eigentlich keine anderen Sorgen? Amy Nein. Aber sag mal, hast du dich mit David gestritten? Laude Nein, eigentlich nicht. ich möchte nur, daß er mal etwas anderes im Kopf hat als Football, Football, Football. Manchmal ist er wirklich ein Hohlkopf. Amy Bei seinen Noten? Jedenfalls ist er dann kein dummer Hohlkopf, wie Brian. Wie lange seid ihr jetzt schon zusammen? Laurie Zwei Jahre, warum? (Amy holt eine Zigarette heraus.) Amy Ganz schön lange. Laurie Manchmal denke ich, zulange Amy Willst du dich von David trennen? Laurie Ach, Blödsinn. Wir haben auch schon so viele gemeinsame Pläne. Wir wollen doch auch zusammen weg von hier, auf ein College. Amy Da könnt ihr ja auch direkt heiraten. Laurie Wieso denn das? (Amy zündet die Zigarette an) Amy Wahrscheinlich geh' ich doch mit Brian ins Kino. Alex (im Off) Direktor Owens! Sofort öffnen! (Laurie und Amy reagieren nervös und ordnen das Büro. Die Zi garette wird ausgemacht)
11 Laurie Einen Moment, ich komme sofort (Laurie öffnet die Tür. Alex und Andy kommen als Agenten herein.) Andy Miami Vice, das Büro ist mit sofortiger Wirkung aufgelöst Ach Ihr seid es. Laurie Wir haben gehört, hier befinden sich zersetzerische Schriften. Laurie Ach ja. Und wo sind eure Schriften? Seit einer Woche warte ich auf eure Artikel und bis jetzt habt ihr nichts fertig gemacht In vier Tagen ist Redaktionsschluß. Andy Keep cool, Baby. Laurie Sagt mal, habt ihr se noch alle? Die Zeitung können wir bald zum Fenster rauswerfen. Alex Nicht in diesem Ton, junges Fräulein. Laurie Also gut. (ironisch zu Mex) Ich brauche nur zwei kleine Fotos. (zu Andy) Und einen Meinen Artikel. (Andy und Alex ab) Alex AY! AY! Sid (Blackout)
12 4 ROSS (Ben sitzt am Schreibtisch und arbeitet Christie kommt aufgeregt nach Hause.)
Christie Ben, stell dir vor, was heute iert ist! Ich habe Betty Lewis geschlagen. In zwei Sätzen habe ich sie einfach besiegt Ben (fragt beiläufig) Wer ist Betty Lewis? Christie Du weißt doch, die Betty, gegen die ich seit zwei Jahren spiele. Noch nie ist es mir gelungen, zu gewinnen. Doch heute habe ich sie vom Platz gefegt Du hättest dabei sein müssen. Ich habe göttlich gespielt, einfach wahnsinnig toll. Meine Rückhand, dann meine Vorhand und Asse sind mir gelungen. Ich war einfach super. (kurze Pause) Sag' mal, hörst du mir überhaupt zu? Ben Hmh, ja. Christie Der Herr Professor steckt seine Nase mal wieder in seine Bücher. Welcher Spleen ist denn heute an der Reihe? Nach den Indianern vielleicht die Verhaltensmuster der Mörderwale? (nimmt ein Buch auf und liest den Titel) Aufstieg und Fall des 3. Reiches. Ich nehme an, Du willst also eine Diktatorprüfung machen? Ben Du findest dich wohl sehr komisch? Christie Tut mir leid. Ben Einer meiner Schüler hat mir heute eine Frage gestellt Genügt der Wahn eines Mannes, um Bürger in Fanatiker, ja Verbrecher zu verwandeln? Ich habe mit ihnen über den Nationalsozialismus gesprochen Sie glauben, man hätte ihn einfach so verhindern können. Es hätte gar kein Nazi-Deutschland geben brauchen. Und ich soll ihnen jetzt erklären, wie es dazu kam. Deshalb arbeite ich mit diesen Büchern. Ich möchte ihnen ein Gefühl vermitteln, wie die Menschen unter der Nazi-Herrschaft gelebt haben. Wie sie jeden Tag aufs Neue auf eine Ideologie eingeschworen wurden. Meine Idee ist es, eine ähnliche Situation zu schaffen, ein Experiment sozusagen. Ich kann sie damit vielleicht stärker beeindrucken, als mit Büchern oder Texten. Und ich denke, es ist mir einen Versuch wert. (Blackout)
13 5. SCHULKLASSE (Die Klasse ist ungeordnet Brian taucht als letzter Schüler auf und springt auf den Tisch von Ross.) Brian Hallo Leute! (sofort wird ein turbulentes Footballmatch simuliert und am Ende fliegt der Ball Ben Ross entgegen, als er die Klasse betritt.) Ross Guten Morgen. Bitte setzt Euch. (Die Schüler gehen auf ihre Plätze.) Ich habe hier die Klassenarbeiten von letzter Woche. Im allgemeinen sind sie nicht so schlecht ausgefallen. (Er gibt die Arbeiten den einzelnen Schülern mit entsprechenden Kommentaren zurück) Ich muß euch allerdings warnen, wenn ihr in Zukunft nicht sauberer arbeitet, werde ich euch Punkte abziehen müssen. Brian Was wollen sie denn da noch abziehen? (Mehr Rot als Blau im Heft) David
Da ist ja noch was Blaues. (Ross gibt die restlichen Arbeiten zurück Robert erhält als letzter seine Arbeit) (schleicht zu Robert, entwendet das Heft und zeigt es allen) Das Blatt ist ja total leer. (alle lachen)
Brian (Ross schreibt DISZIPLIN an die Tafel) Der ist ja zu blöd, seinen eigenen Namen zu schreiben. (zu Ross) Können wir jetzt gehen? Ross Es wäre schön, wenn du mir noch ein bißchen Aufmerksamkeit schenken könntest Wir befassen uns heute mit dem Begriff Disziplin. Schüler Ausgerechnet Oh, nein.. (alle mosern) Ross
Nun wartet doch erst einmal ab. Das kann sehr interessant sein, und spannend.
Schüler Wie’n Krimi. Ross Ja, ganz bestimmt. Wenn ich über Disziplin rede, dann rede ich auch vom Erfolg. Erfolg durch Disziplin. Ist hier jemand, der sich nicht für Erfolg interessiert? Schüler Robert wahrscheinlich. Ross Schüler
Warten wir's ab. David, Brian. Ihr spielt doch Football. Ihr wißt, wer den Sieg will, braucht Disziplin. Wahrscheinlich haben wir auch deshalb seit zwei Jahren kein Spiel gewonnen.
Ross Wie ist es mit Tänzerinnen, Andrea? Andrea Weiß nicht? Brian (persifliert ihre Antwort) Weiß nicht?
14 Ross Du wirst doch sicherlich wissen, daß von ihnen ein hartes Training gefordert wird, wenn sie es zu etwas bringen wollen. Wie auch von einem Maler, Wissenschaftler oder Musiker. Sie brauchen alle Disziplin, Haltung und Selbstbewußtsein. Nehmen wir einmal an, ich könnte euch beweisen, daß wir durch Disziplin Stärke und Selbstbewußtsein gewinnen können. Machen wir einen Selbstversuch. Brad Keine Tierversuche. Ross Brian Ross
Wer wagt es? Brian? Mir wird immer so schnell schwindelig David?
David Ich hab's im Kreuz. Ross Janet David
Aber Amy. Komm bitte einmal her. (Amy steht auf und geht zum bereitgestellten StuhL) Die Lieblingsschülerin! Seht sie euch an, sie kann nur schöner werden!
Amy Ross Brad Ross David Ross Brian
Im Gegensatz zu Dir, Ruhe! Die richtige Haltung erleichtert uns die Konzentration und stärkt unseren Willen. Amy macht es uns vor. Na, so ein Blödsinn. Stellt bitte die Füße parallel und fest auf den Boden! (Amy tut es,) Haben wir jetzt Geschichtsunterricht oder Gymnastik? Und jetzt legt die Hände an den unteren Teil des Rückens! Die sieht ja endlich einmal gut aus.
Amy Brian
Versuch's doch selbst! Das kann ich allemal.
Ross Und versucht die Wirbelsäule zu strecken. Könnt ihr jetzt leichter und freier atmen? (Verschiedene Kommentare der Schüler.) Nun entspannt euch! (Die Schüler sacken erleichtert in die Stühle zurück) Es ist wissenschaftlich erwiesen, daß man in dieser Haltung leichter und freier atmen kann. Nun nehmt wieder die gestreckte Haltung ein! (Korrekturen der Haltungen einzelner Schüler) Seht mal alle hierher zu Robert! Wie seine Füße genau parallel sind. Die Knöchel berühren sich nicht Ober- und Unterschenkel bilden einen Winkel von 90 Grad... David Kocht da nicht Wasser?
15 Ross ….. seine Wirbelsäule ist ganz gerade, das Kinn nicht vorstrecken. Blick geradeaus! Ausgezeichnet! Als nächstes steht bitte alle auf und geht umher. Und dann, auf mein Kommando, lauft ihr zu euren Plätzen zurück, so schnell wie ihr könnt. Und nehmt, wenn ihr sitzt, die gestreckte Haltung ein. Habt ihr das verstanden? Alle Ja. Ross Also gut Alle aufstehen. Und los. ( D i e S c h ü l e r g e h e n h e r u m . Gemurmel, Lachen, Streit, "Platz da! usw.) Und zurück! (wildes Durcheinander. Andy braucht wesentlich länger als die anderen Schüler, um zu ihrem Platz zu kommen und die Haltung anzunehmen.) Nicht schnell genug! Brad Es war ja das erste Mal. David Beim ersten mal tues immer weh. Woher willst Du das denn wissen. Ross Das war das wildeste Durcheinander, das ich je gesehen habe. Hört zu! Wir spielen hier nicht irgendein Spielchen. Wir machen eine Atem- und Bewegungsübung, damit ihr euch besser konzentrieren könnt Je aufmerksamer ihr seid, desto schneller seid ihr wieder auf Euren Plätzen. Also probieren wir es noch einmal. (Ross stoppt die Zeit. Die Schüler bewegen sich in Zeitlupe.) Tonband (Ein Tonband mit der Stimme von Sen Ross wird eingespielt:) "Zwanzig Minuten lang übte die Klasse aufzustehen. In scheinbarer Unordnung schlenderten sie durch die Klasse, auf meinen Befehl kehrten sie schnell zu ihren Plätzen zurück und nahmen die richtige Haltung ein. Ich gab meine Befehle nicht wie ein Lehrer, sondern wie ein Unteroffizier auf dem Kasernenhof. Sobald es reibungslos klappte, baute ich neue Schwierigkeiten ein. Sie mußten jetzt vom Flur kommen und ich stoppte die Zeit Beim ersten Versuch vergingen 48 Sekunden. Beim zweiten Mal gelang es in einer halben Minute. Vor dem letzten Versuch hatte David die Idee alle Schüler in einer Reihe gleich so aufzustellen, daß die Schüler mit dem weitesten Weg am Anfang stehen." Ross (Alle Schüler kommen hintereinander herein und setzen sich) Sechszehn Sekunden! (Die Schüler jubeln.) Gut, seid jetzt still Drei Voraussetzungen sind von euch ab jetzt genau zu befolgen: 1. Jeder muß Block und Kugelschreiber bereithalten. 2. Fragt ihr etwas, oder werdet ihr gefragt, steht ihr auf und stellt euch neben euren Platz, und.. 3. Jede Frage oder Antwort beginnt mit der Anrede "Mr. Ross", -verstanden? Brad, wie heißt der Amtsvorgänger des britischen Premierministers Churchill?
16 Brad Eh...war das nicht.. eh..? Ross Hast du nicht zugehört? Ich erwarte Disziplin. Robert, zeige Brad, in welcher Haltung eine Frage zu beantworten ist und womit die Antwort beginnt Robert (steht auf und nimmt Haltung an.) Mr. Ross. Ross Sehr gut, Robert Danke, und nun Brad. Brad Mr. Ross, war das nicht der Premierminister._ Ross Nein, zu lange, viel zu lange. Von jetzt an sind eure Antworten so kurz und knapp wie möglich. Setz' dich und versuche es wieder. (andere Schüler sagen vor) Brad Mr. Ross, Chamberlain. Ross Nur so werden Fragen beantwortet, sofort und präzise. Andrea, welches Land hat Hitler im September 1939 überfallen? Andrea Mr. Ross, keine Ahnung. Ross Trotz der Unkenntnis gut reagiert Amy? Amy Mr. Ross, Polen. Ross Wie hieß Hitlers Partei, Brian? Brian Mr. Ross, die Nazis. Ross Gut, so nannte man sie, doch wie war der offizielle Name? Laurie? Laurie Die Nationalsozialistische... Ross (schlägt mit dem Lineal aufs Pult) Antworte korrekt! David (flüstert zu Laurie) Mr. Ross.. Laurie Mr. Ross, die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei. Ross Richtig, setzen! Andy, wer führte das Pacht- und Leihgesetz im 2. Weltkrieg ein? Andy Mr. Ross, Roosevelt. Ross Richtig, Janet, wer wurde in den KZ s umgebracht? Janet Mr. Ross, die Juden. Noch jemand, Brad? Brad Mr. Ross, Zigeuner, Homosexuelle, Geisteskranke. Ross Amy, warum wurden sie ermordet? Amy Mr. Ross, weil sie nicht zur Herrenrasse gehörten.
17 Ross Richtig David, wer befehligte die KZ s? David Mr. Ross, die SS. (Schulgong Niemand verläßt seinen Stuhl.) Ross Bis zur nächsten Stunde lest ihr das Kapitel 7 zu Ende und beginnt mit Kapitel 8. Das ist alles. Die Klasse kann gehen. (Den geht ab und wirft den Football zu Brian.) Amy Das war super! Brian Geil, ehrlich. Das bringt Schwung in den Laden. Andy Da war richtig Action drin. Janet Ich sag' euch, der kriegt uns noch den Griff. Andrea Endlich hat das Chaos ein Ende. David Wir waren nicht nur eine Klasse, wir waren eine Einheit Ich find, was Ross über Macht gesagt hat, stimmt Brad Wieso? Ross hat Fragen gestellt, wir haben geantwortet Es war eigentlich wie immer, nur daß wir gerade gesessen haben und bei den Antworten neben unseren Stühlen standen. Ich glaube, ihr macht da viel Lärm um Nichts. David Aber wenn wir nun dieses Gruppengefühl, dieses Bewußtsein gesteigerter Energie, auf die Footballmanschaft übertragen können? Brian Ja, genau Football! Laurie Komm, Amy, wir sind hier überflüssig (beide ab) David Mich ärgert es, wenn wir immer verlieren. So schlecht spielen wir doch gar nicht, uns fehlt nur der Zusammenhalt (David ab) Brad Wohin gehst du? David Aufs Klo. Ich treffe euch nachher in der Cafeteria. Brad Vergiß aber nicht, daß du gerade sitzen musst (Blackout)
18 6. ROSS (Ben und Christie sitzen entspannt beieinander) Christie Ben, was ist eigentlich aus deinem Versuch geworden? Ben Das war sehr interessant Ich habe meinen Schülern die Grundregeln der Disziplin beigebracht Die erste Übung war, Haltung anzunehmen, um besser atmen zu können. Die Schüler beginnen jetzt jede Antwort mit der Anrede "Mr. Ross" und stehen dabei gerade neben ihrem StuhL Das wirkt wie eine Huldigung. Christie Also machst du doch eine Diktatorprüfung? Ben Ach Quatsch. Eigentlich war ich überzeugt, sie würden sich nicht zwingen lassen, wie Puppen zu sitzen, aufzuspringen und ihre Antworten herauszuschreien. Aber sie haben sich eher so benommen, als hätten sie ihr Leben lang darauf gewartet. Am meisten hat mir Robert Billings imponiert Der sonst den Mund nicht aufbekommt, hatte die vorbildlichste Haltung. Der war richtig in Form. Christie Deine Haltung läßt manchmal auch zu wünschen übrig Danke, Liebling. Christie Glaubst du nicht, daß es einfach nur ein Spiel für sie war? Wie beim Quiz? Ben Ja, sicher. Aber selbst ein Spiel wählt man aus oder lehnt es ab. Sie mußten dieses Spiel nicht spielen. Sie wollten es. Christie Aber immerhin hast du das Spiel erfunden und bestimmst die Spielregeln. Ben Trotzdem. Der Unterricht funktioniert einfach besser. Die Antworten kommen schneller und korrekter, und die Schiller sind konzentrietor, aufnahmefähiger. Dadurch ist auch für mich der Unterricht viel angenehmer. Was ich am unheimlichsten fand: Sobald wir einmal angefangen hatten, spürte ich, daß sie begeistert waren. Sie wollten diszipliniert werden. Christie Du meinst, sie fühlten sich wohl unter Druck? Ben Ja, jedesmal wenn sie eine Regel beherrschten, verlangten sie eine -neue. Am Ende der Stunde blieben sie sogar auf ihren Plätzen sitzen. Ich bin sicher, daß es für sie mehr als ein Spiel war. Christie Ben, ich glaube, du hast kleine Monster geschaffen. Ben Wohl kaum. Christie Sag' mal .... Wirst du die Sache morgen fortsetzen? Ben Ich glaube nicht Ich werde mit ihnen über den Sinn des Versuchs diskutieren und ihn damit beenden. Wir müssen allmählich zu den Ereignissen von Pearl Harbour übergehen. (Blackout)
19 7 SCHULKLASSE (Robert übt allein in der Klasse die disziplinierte Haltung Laurie tritt auf.) Laurie Übst du? Robert (erschrickt) Ja, für Mr. Ross. (Robert beginnt die Sitzordnung zu verändern.) Laurie Was tust du da, Robert? Robert Ich dachte...die Sitzordnung...man kann dann besser aufen. (Brian, Brad und David treten auf ) Brian Wie sieht's denn hier aus? (Stühle werden wieder verrückt) Brad Wie im Altenheim. David He Moment, laß mal so stehen. Brian Willst Du etwa so weitermachen wie letzte Stunde? (David nickt) Genau! Ross wird Augen machen. (Amy, Janet und Andrea kommen herein.) Amy Am Samstag ist die Disco? Ja, Lust habe ich schon, aber meine Eltern... Janet Nun zier dich nicht so. Da sind auch ein paar reifere Jungs. (zu den anderen Schillern) Was ist denn hier los? Brian Wir machen so weiter wie letzte Stunde. Andrea, paß auf, ob Ross kommt (Andrea geht zur Tür) David (zu Andy) He, nimm gefälligst die Walkman ab und setzt euch richtig hin. Andrea A ch t un g, er ko mmt ! ( B en Ros s t r i t t a uf . Di e K l as s e s i t zt i n disziplinierter Haltung.) Ross Ausgezeichnet! Was empfindet ihr? David Robert! Robert Mr. Ross, ich fühle mich zum ersten Mal in der Mitte der Klasse. David (etwas ironisch) Mr. Ross, ich auch. Brad Mit Ross, ich spüre Zusammenhalt Brain Ja, genau. Mr. Ross, eine Gemeinschaft, wie in einer Footballmanschaft Ross Gutes Beispiel! Was zeichnet eine Footballmanschaft aus? David Mr. Ross, Trikots! Brad Mr. Ross, Schlachtrufe!
20 Amy Brian David
Mr. Ross, gute Spieler überhaupt! Mr. Ross, Disziplin und einen guten Quarterback! Mr. Ross, Gegner und keine Opfer!
Ross
O.K., laßt uns auf den Gemeinschaftsgeist zurückkommen. Brian, schreib' es bitte an die Tafel: GEMEINSCHAFT. Letzte Stunde habe ich euch gezeigt, daß ihr durch Disziplin an Stärke gewinnt Etwa so, wie in einer Footballmanschaft. Es gibt uns das Gefühl, zu einem Ganzen zu gehören, das wichtiger ist als wir selbst. Wir werden eine Gruppe, eine Bewegung, eine Idee Alle Mitglieder verfolgen das gleiche Ziel. Und wie bei der Disziplin könnt ihr Gemeinschaft nur dann erleben, wenn ihr euch daran beteiligt Was könnten wir tun, um unsere Gemeinschaft nach außen hin deutlich zu machen?
Robert Brad
Mr. Ross, wir brauchen einen Slogan! Gordon Go!
Andy Janet
Coca Cola is ft! Ich will so bleiben wie ich bin!
Brian / Brad Du darfst! David Brian
Quatsch! Sieg durch Gemeinschaft! Genau! (steht auf) Mr. Ross, Stärke durch Disziplin! Stärke durch Gemeinschaft/
Ross Schüler Ross
Guter Vorschlag. Brian, schreib es bitte an die Tafel. Aber was braucht eine Footballmanschaft noch? (durcheinander) Fahne, Maskottchen, Stammtisch, Symbole... Robert Mr. Ross, wir brauchen ein Zeichen! Genau. (Er malt einen Kreis an die Tafel.) Wir brauchen ein Symbol für unsere Gemeinschaft Der Kreis ist die Klasse. (Er setzt das Welle-Zeichen in den Kreis.) Die Welle symbolisiert die Urkraft. (Die Schüler nehmen die Welle-Idee enthusiastisch auf) Das heißt, Bewegung, Veränderung und Energie. Von jetzt an wird unsere Gemeinschaft durch die Welle symbolisiert Weiter. David und Brian, was macht ihr, wenn ihr euch auf dem Footballplatz trefft? (David und Brian machen ein Begrüßungsritual.) Eine hübsche Idee. Doch für die Welle brauchen wir einen anderen Gruß. Und so sieht der Welle-Gruß aus (Ross macht den Welle-Gruß vor: rechte Paust auf linke Brust, dann den Arm hoch und die Hand halb öffnen) Versucht jetzt bitte alle, den Gruß nachzumachen. (Alle üben. Ross korrigiert sie.) Dies ist ausschließlich unser Gruß. Jedesmal, wenn ihr einem unserer Mitglieder begegnet, werdet ihr auf diese Weise grüßen. Gut, Robert, z e i g e u n s b i t t e d e n Gruß und wiederhole den Wahlspruch
21 Robert (macht mit jedem Satz den Gruß) Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft! Ross Gut Robert, noch nicht hinsetzen. Jetzt Brad, Amy, Janet! (alle vier machen den Gruß) Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft! Ross Jetzt Brian, Andrea, Laude! Alle sieben den Wahlspruch! (alle sieben machen den Gruß) Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft! Ross Und jetzt alle! Alle Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft! (Ausblende bis zum Blackout)
22 & REDAKTIONSBÜRO David
(Laune sitzt am Schreibtisch. David kommt herein und wirft sich auf den Schreibtisch. Stärke durch Gemeinschaft! (Er macht den Welle-Gruß.)
Laude David Laude David Laude David Laune David Laude David Laude David
Laude David Laude David Laude
(springt auf) Mann, David! Guck dir das mal an. Du hast alles zerknickt. Ich muß doch noch damit arbeiten. (nimmt ihr das Blatt ab.) Was machst du denn überhaupt? Imperialismus in der dritten Welt Und ich komm einfach nicht auf den Punkt Was für'n -ismus? Ach David, das interessiert dich doch sowieso nicht. Stimmt Weißt du schon das Neueste? Für das Spiel gegen Clarkstone bekommen wir nagelneue Trikots, von Direktor Owens persönlich genehmigt. Echt? Das finde ich gemein. Für unsere Schülerzeitung gibt es keinen Cent. Das ist ja ungerecht Apropos, Zeitung Willst du nicht noch einen kleinen Artikel schreiben? Das wäre doch die Headline: Mit der Welle gegen Clarkstone - Neue Trikots führen zum Erfolg! Mit der Welle? Nur mit der Welle! Ich glaube, die Welle ist das einzige, was aus unserem müden Haufen noch eine Footballmanschaft machen kann. Stimmt Ein bißchen Disziplin könnte euch wahrhaftig nicht schadet Der Klasse auch nicht Heute hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, daß wir eine Klasse sind. Eine Gemeinschaft. So, wie wir da standet Sogar Robert hat mitgemacht (Er ahmt Robert nach:" Mr. Rose) Es war fantastisch. Stimmt, was du sagst Selbst Andrea und Andy haben mal was Vernünftiges gesagt. Aber ist dir nicht aufgefallen, daß Ross sich verändert hat? Nein, wieso? Ich find's toll. Ich fühle mich richtig gefordert im Geschichtsunterricht Mir macht die Sache zum ersten Mal Spaß. la, aber erinnerst du dich daran, wie er mich neulich zurechtgewiesen hat! Er ist ein bißchen autoritär. Ist ja nicht gegen dich persönlich. Aber du hast eine Spielregel mißachtet Gottseidank, ist alles nur ein Spiel. (David antwortet nicht darauf.)
23 David Laude David Laude David Laude Alex Laude Alex
Hast du das Geschichtsbuch, das du dir letzte Woche gekauft hast schon ausgelesen? Warum? Ich möchte mich auf die nächste Geschichtsstunde vorbereiten. Oh, David! Hat's dich auch ergriffen? (Laude neckt ihn mit dem Buch. David erobert es dann doch) So weltbewegend ist es ja nun auch wieder nicht. Bye, Laude. (David geht ab. Alex kommt herein und fotografiert iert wild auf Laude los.) Ach Alex, laß das. Na, Laude. Irgendetwas Fotogenes erlebt? la, schau dir das mal an (Laude macht den WELLE Gruß.) Umwerfend!
Laude Alex Laude Alex Laude Alex Laude Alex Laude Alex Laude
Du hättest mal dabei sein müssen. Geschichte bei Ross, wir haben da ein Projekt gestartet, das war... ... genial, faszinierend, großartig. Ja. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl von Gemeinschaft Die Klasse wurde im Unterricht richtig mitgerissen. Wir spürten Zusammenhalt Wir wurden eine Gruppe. Gruppe? Gemeinschaft? Gruß? Alex. Die Klasse war viel disziplinierter als sonst Wow, wie in der Army. Selbst Robert Billings, der Außenseiter der Klasse war wie verwandelt Seit zwei Tagen hat sich niemand mehr mit ihm angelegt Auch er fühlt sich der Gemeinschaft zugehörig Komm zu Ross. Da wird aus der größten Niete noch ein Hauptgewinn. Mach dich nur lustig. Aber Ross ist einer meiner besten Lehrer. Ich wünschte der Unterricht würde bei jedem soviel Spaß machen. Sag mal Laude, hat David schon mit seiner Eierdiät angefangen? David bereitet sich auf Geschichte vor.
Alex David bereitet sich vor"? Das ist allerdings wirklich etwas, worüber man sich Sorgen machen könnte.
(Blackout)
24 9 ROSS (Ben kommt nach Hause und macht scherzhaft den Wellegruß) Christie Was ist denn mit dir los? Ren Christie, unsere Klasse hat jetzt einen neuen Namen, rate mal, welchen! Christie Die Hottentotten, die Dummies ... (Ben macht eine Welle-Bewegung) Delphine, Haifische, die Woge... Ben Gar nicht so schlecht Christie Die Welle. Ben Genau, Christie Aber du wolltest doch dein Experiment nicht weiterführen, oder? Ren Hatte ich auch nicht vor, aber die Schüler waten es. Christie Haben sie das gesagt? Ben Nicht direkt Aber sie haben sich so verhaften. Christie Ben, ich glaube, du hast wirklich kleine Monster geschaffen. Ren Ganz im Gegenteil, die meisten verwandeln sich allmählich in menschliche Wesen. Christie Was du nicht sagst Ben Alle haben ihren Text gelesen, manche sogar ein Stück voraus. Sie freuen sich, auf den Unterricht vorbereitet zu sein. Christie Oder sie haben plötzlich Angst davor, nicht vorbereitet zu sein. Ren Nein, ich glaube wirklich, sie haben sich gebessert. Jedenfalls benehmen sie sich besser. Christie Das können nicht dieselben Schüler sein, die ich im Musikunterricht habe. Bei mir hat sich nichts verändert Du willst mir doch nicht erzählen, daß dein Spiel das Verhalten der Schüler beeinflußt Ben Aber ich sag' es dir doch. Es ist verblüffend, sie mögen es lieber, wenn du alle Entscheidungen für sie triffst Christie Sicher. Es bedeutet ja weniger Arbeit für sie. Sie brauchen nicht selber zu denken, sondern nur tun, was du ihnen vorsetzt. Ich glaube eher, daß du den Versuch angenehmer findest. Ben, wie weit willst du das Experiment noch treiben? Ben Ich weiß nicht Aber ich glaube, es kann eine faszinierende Aufgabe werden. Du müßtest mal dabei sein und sehen, wie begeistert die Klasse meinem Unterricht folgt Sie sind neugierig und wißbegierig. Ich gebe zu, daß mir die Sache selbst Spaß macht. Dieser Versuch ist einfach ansteckend.
25 Christie Vielleicht wirst du noch zu einem Meerschweinchen bei deinem eigenen Experiment (Blackout)
26 10. SCHULKLASSE
Brian
(Ross verteilt Mitgliedsausweise. Er trägt mittlerweile einen Anzug. Nur Brad, Brian, Amy und Robert erhalten einen Ausweis mit Kreuz) Was ist denn das?
Brad Sind das Fleißkärtchen? Andy David Laude
Au ja, wir spielen jetzt Karten. Das ist ein Mitgliedsausweis der Welle. Und was soll das bedeuten?
Ross Laune Ross
Janet Brian
Rast du nicht etwas vergessen? Ach ja, (steht auf) Mr. Ross, welchen Zweck haben diese Karten? Diese Karten sind nur ein Beispiel dafür, wie eine Gruppe sich selbst verwalten kann. Nachdem wir wissen, was Disziplin und Gemeinschaft bedeuten, müssen wir jetzt über Aktionen nachdenken. (Ross schreibt das Wort AKTION an die Tafel) Disziplin und Gemeinschaft sind ohne Aktion bedeutungslos. Das ist beim Football nicht anders, al s in der Schule. Mr. Ross, was für Aktionen? Ist doch klar, abends zusammen weggehen!
Andy
Genau, Music!
Brad Robert Brian Ross
Zeltlager, Nachtwanderung, Abenteuer. Mr. Ross, wir müssen aktiv werden, handeln. Mr. Ross, warum habe ich ein Kreuz auf meiner Karte? Wer das Kreuz auf seiner Karte hat, ist ein Helfer und wird mir künftig jedes Mitglied der Welle melden, das die Regeln verletzt Die Disziplin gibt uns das Recht zum Handeln. Nur eine disziplinierte Gruppe kann ein gemeinsames Ziel erreichen. Sie muß es sogar tun, wenn sie erfolgreich sein will. Glaubt ihr an die Welle?
Brian Brad Robert Mr. Ross, jawohl! (alle drei entdecken, daß sie gleichzeitig geantwortet haben) Ross Dann müßt ihr auch handeln. Ihr dürft niemals zögern, etwas für eure Ü b e r z e u g u n g z u t u n . D i e M i t g l i e d e r d e r W e l l e m ü s s e n zusammenarbeiten wie die Teile einer gut geölten Maschine. Mit einem festen Willen und gegenseitiger Hilfe werdet ihr schneller lernen und mehr leisten. Aber nun wenn ihr einander unterstützt, wenn ihr zusammenarbeitet und unsere Regeln einhaltet Nur so könnt ihr den Erfolg der Welle sichern.
27 Brad Mr. Ross, wir stehen hinter der Welle. Ross Gut, setz' dich. Seit wir die Welle gegründet haben, spüre ich immer noch euer Bemühen, richtigere Antworten zu finden und bessere Mitglieder zu sein als andere. Das muß aufhören. Ihr seid keine Konkurrenten. Ihr arbeitet für ein gemeinsames Ziel Das gelingt aber nur, wenn ihr fest zusammenhaltet Ihr müßt ein Team werden, dem jeder angehört Vergeßt nicht: in der Welle sind alle gleich! Niemand ist b e l i e b t e r a l s d e r a n d e r e u n d n i e m a n d i s t v o n d e r G r u p p e ausgeschlossen. Gemeinschaft bedeutet Gleichheit in der Gruppe. Andrea Mr. Ross, mein Bruder fragt, ob er auch Mitglied der Welle werden kann? Ross Warum nicht? David Mr. Ross, ich bin dagegen, daß jeder x-beliebige Mitglied bei uns werden kann. Ross Andere Meinungen? Robert M r . Ro s s , wi r mü s s e n ne ue Le ut e auf neh me n , we i l wi r ei n e Gemeinschaft sind. Brad Mr. Ross, es ist doch nur gut, wenn wir mehr werden. Ross Richtig! Ab sofort hat jeder von euch die Verpflichtung, neue Mitglieder zu werben. Jeder neue Bewerber muß schwören, daß er unsere Regeln als Mitglied befolgt und der Welle bedingungslose Treue hält Habt ihr das verstanden? Laune Mr. Ross, warum schwören? Ross Das gehört zu den Spielregeln! Brad Der Präsident schwört auch. Janet Das gehört einfach dazu. David Wenn schon jeder x-beliebige bei der Welle mitmachen darf, müssen wir wenigstens sicher sein, daß er es ernst meint Robert Mn Ross, so wird die Welle eine Bewegung. Brian Mr. Ross, ich bin stolz auf die Welle. Amy Mr. Ross, ich finde es großartig. Brad Mr. Ross, ich find’s toll, als Helfer dabei sein zu dürfen. Ross Gut. Steht bitte alle auf und wiederholt den Wahlspruch. Alle Stärke durch Disziplin! Stärke durch Gemeinschaft! Stärke durch Aktion! (Schulgong)
28 Ross
Robert Laune David Laude Amy
Janet David Laude David Laude Dri n Laune Brian David Robert
Brad Robert David
Es ist notwendig, ab morgen Armbinden mit dem Welle Symbol zu tragen. Janet und Andrea werden sich darum kümmern. Danke. Seid bitte morgen genauso pünktlich wie heute. (Ross geht ab. Die Gruppe kommt zusammen.) Super! Hat denn keiner von euch ein ungutes Gefühl? Wie meinst du das? Ich weiß nicht Aber geht das nicht schon zu weit? Es ist einfach anders. Darum kommt es dir so merkwürdig vor. Brad Klar, es gibt jetzt keine Außenseiter mehr. Keiner ist mehr besser als der andere. Du wirst dich noch daran gewöhnen müssen. Das ständige Konkurrenzdenken ging mir schon die ganze Zeit auf die Nerven. Man braucht sich halt keine Gedanken mehr zu machen, wie beliebt man ist. Man gehört einfach dazu. Aber muß es denn jedem gefallen? Kennst du einen, dem es nicht gefällt? Ich bin mir nicht so sicher. He, vergiß das nicht. (zeigt auf die Karte mit dem Kreuz) Was soll ich nicht vergessen? Du weißt doch, ich soll jeden melden, der sich nicht an die Regel hält. (er grinst Laune geht ab.) Aber sie hat doch gar keine Regelverletzt Wenn sie wirklich gegen die Welle wäre, dann schon. Ich meine das so: die Grundidee der Welle ist doch die Gemeinschaft Daß alle Mitglieder einander unterstützen. Dazu müssen wir auch mit unseren Grundsätzen übereinstimmen und danach handeln. (klopft Robert auf die Schulter) Ich freu' mich, daß auch du zu uns gehörst Hat er mir jetzt etwas auf die Schulter geklebt? (Alle Schüler gehen ab. Nur Brad, David und Brian bleiben noch stehen.) Na, fit für das Spiel gegen Clarkstone?
29 Brian
David
Brian Brad David Brian
Klar, morgen starten wir die Aktion gegen die Clarkstones. Ich werde diesen zwei-ZentnerBrocken schon stoppen, ich sehe dieses Gebirge in der Spielkleidung unserer Gegner schon auf mich zurollen. Es kommt immer näher und näher. Doch diesmal werde ich sagen: Schau mir in die Augen, Kleiner. Diesmal gewinne ich! Wißt warum wir in diesem Jahr so schlecht abgeschnitten haben? Weil wir 25 Ein-MannTeams waren, die zufällig die gleiche Spielkleidung anhatten. Aber morgen werden wir es schaffen! Vom Verlieren habe ich jedenfalls die Nase voll. Morgen Nachmittag werden die Clarkstones vom Platz gefegt. Wir müssen vor allem eine Verteidigung aufbauen, die nicht lange rumfummelt, sauber abspielen, angreifen und rein ins Gewühle. Bist du jetzt unser Trainer? (Die Szene endet mit dem typischen Footballschlachtruf) "Gordon GO! Gordon Go! Gordon Go!“ (stummer Wellegruß.)
(Blackout)
—PAUSE—
30 11. ROSS (Ben sitzt am Tisch. Christie kommt wütend herein) Christie Mir reiches. Ben, was geht da draußen vor? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Den Was ist los mit dir, Christie? Christie Ich komme in mein eigenes Haus nicht rein. Da steht einer und will meinen Mitgliedsausweis sehen. Er wollte mich nicht durchlassen. Ben Wer soll da draußen stehen? Christie Einer deiner Schüler. Tu' bloß nicht so, als ob du nichts davon wüsstest, Ben. Beruhige dich Christie, wenn da draußen jemand steht, schaue ich nach. Robert (im Off) Stärke durch Disziplin! Ben Guten Abend Robert. Komm rein. Meine Frau ... Robert Billings. Christie Ich verlange eine Erklärung von dir. Robert Entschuldigen Sie. Ich wußte nicht, daß sie die Frau von Mr. Ross sind. Ben Robert, hast du wirklich versucht, von meiner Frau den Mitgliedsausweis zu verlangen? Robert Ja sicher, Mr. Ross. ich kann ja nicht jede x-beliebige Person zu Ihrem Haus durchlassen. Jeder ist eine potentielle Gefahr für die Welle. Ben Diese potentielle Gefahr ist meine Frau. Christie Der ist ja gemeingefährlich!!! Robert Aber wieso hat sie denn auch keinen Mitgliedsausweis? Jeder hat doch einen. Den Robert, meine Frau braucht doch keinen Ausweis. Aber wieso stehst du eigentlich da draußen, Robert? Robert Ich bin doch Ihr Leibwächter! Ben und Christie Was?! Robert Ihr Leibwächter. Ich muß Sie beschützen. Ben Aber wovor? Robert (zu Ben) Sie sind doch unser Führer. Wenn Ihnen etwas zustößt, bedeutet das eine Gefahr für die ganze Bewegung Christie Führer! Leibwächter! Das ist doch kein Spiel mehr. Spinnt ihr denn jetzt völlig?! Ben, wohin soll das alles noch führen? Weißt du eigentlich noch, was du tust?
31 Ben Beruhige dich, Christie, bitte. Ich rede mit Robert (zu Robert) Es ist im Prinzip richtig, Robert, daß du dich so für die Welle einsetzt Ich finde es gut, daß du dich zum ersten Mal für eine Sache begeisterst. Aber im Moment brauche ich wirklich keinen Leibwächter. Du kannst mir vertrauen, daß ich selbst auf mich aufen kann. Robert Mr. Ross, ich habe zum ersten Mal eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die anderen lachen nicht mehr über mich Ich habe teil an etwas Außergewöhnlichem. Best Robert
Das freut mich, Robert Aber ich glaube wirklich, es genügt, wenn du dich erst auf die Schule konzentrierst Ich werde mich melden, wenn ich dich ah Leibwächter benötige Wie Sie meinen, Mr. Ross Danke. (er macht den Welle-Gruß) (Blackout)
32 12. REDAKTIONSBÜRO (Alex, Amy und Andy suchen nach Themen, Laune liest einen Brief) Amy Alex Amy Alex Amy Andy Amy Andy Amy Alex Amy Alex Andy Amy Alex Amy
Alex, Andy, das ist hier so etwas wie eine Redaktionssitzung Ach, wirklich? Wo ist dein Plattenreport? la, weißt du, das ist eine komplizierte Geschichte. Also, ich wollte gerade damit anfangen, aber wie du weißt mußte ich nach Argentinien. la, ja. (zu Andy) Und du bist wahrscheinlich mitgefahren. Nein, ich bin ins Kino gegangen. Und, kannst du darüber schreiben? Nein...war zu gut Es macht keinen Spaß über einen guten Film zu schreiben. Eine Kritik ist nur gut, wenn sie schlecht ist Dann kann man alles in Stücke reißen. Wir werden wahrscheinlich auch bald verrissen, in zwei Tagen ist Redaktionsschluß. Und was hast du schon geschrieben? Ich habe mir zumindest schon Gedanken gemacht Aha, Oho! Immerhin, und was? Über die Welle. Aber Amy, das kennt doch schon jeder. Das Thema ist Out! Eben nicht.
Andy Alex, die Welle ist das Thema Da spricht jeder drüber. Amy Amy Andy
Alex Amy
Und alle die, die noch nicht darüber sprechen, müssen wir erreichen. Andy Willst du Mitgliederwerbung machen? Ja, wie Mr. Ross gesagt hat Wow! Public relation! Mit PR-Manager, Telefon, Taschenrechner, Konto, Zahlungsanweisungen und ich werde hier sitzen an diesem Tisch und die Zahlungen entgegen nehmen. Und ich mach' die Fotos. Na, das ist ja zumindest schon etwas.
Alex Okay, ich mache eine Fotoserie über die hervorragendsten Persönlichkeiten der Welle.
33 Andy Alex
Laune Amy
Und Amy kommt auf die Titelseite. Gute Idee! Also Amy, heute nachmittag um vier in meiner Dunkelkammer. (Alex und Andy gehen ab.) Hier Amy, lies mal. Es ist ein Leserbrief. Der zeigt mal eine andere Seite der Welle. Und was hast du damit vor?
Laurie Ich meine, den sollten wir abdrucken. (Amy überfliegt den Brief.) Amy Laurie
Aber so etwas kann man doch nicht einfach über die Welle sagen Du weißt doch auch gar nicht ob das stimmt Vielleicht ist auch nur jemand neidisch auf uns. Wieso sollte das erfunden sein? Alle scheinen von der Welle wie besessen zu sein. Niemand denkt mehr selbständig, und bemerkt, was wirklich vorgeht
Amy Laurie Amy
Hör doch auf, Laune. Warum regt Dich der Brief so auf? Du nimmst ihn zu ernst Ich meine es ernst, Amy. 'Siehst du nicht selbst, was aus der Weile wird? Jeder vergißt sich selbst Willst du unbedingt zu dieser Masse gehören? In der Welle sind alle gleich Niemand ist besser als der andere. Ich habe schon immer versucht, so zu sein wie du: gute Noten, allseits beliebt und einen Freund in der Footballmanschaft All das brauch' ich jetzt nicht mehr. Mir ist klar geworden, daß ich nicht mit Laude Saunders im Wettbewerb stehen muß. Und die Leute mögen mich trotzdem.
Laune Wie kannst du nur so denken?! Amy
Laune
Früher wollten viele so sein wie du. Du warst immer das Vorbild. Doch jetzt gelten andere Ideale. Darum bist du auch dagegen, weil die Welle deine überragende Position zerstört Das kann ich nicht glauben
Amy
Laune Amy
Das ist mir egal, jedenfalls werde ich einen Aufruf für neue Wellemitglieder schreiben, damit noch mehr in den Genuß unserer Gemeinschaft kommen, und deshalb ist auch dein Leserbrief hier fehl am Platz. Okay, ich Jasse den Leserbrief. Vielleicht ist es wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Es ist gut, daß du das einsiehst (Amy geht ab und begegnet David) Hi David.
34 David Laurie
Komm, Laude! Beeil' dich! Die Versammlung fängt gleich an. Ich habe keine Zeit
David Laurie
Wie, du hast keine Zeit? Ich habe viel zu tun.
David Laurie David Laurie David Laurie David
Laurie David Laurie
Das machen wir nachher zusammen. Nein, David. Ich komme nicht mit. Warum nicht? Ich habe keine Lust Hier geht es nicht um Lust Es ist deine Pflicht, mitzukommen. Meine Pflicht? David meinst du nicht, daß du der Sache zu viel Bedeutung beimißt? Auf keinen Fall. Du scheinst die Sache nicht ernst genug zu nehmen. Es ist wichtig für uns, daß du mitkommst Du warst immer ein Vorbild für die anderen. Was sollen sie denken, wenn du nicht mitkommst? Gerade deswegen kann ich nicht mitkommen. Ich kann die Welle nicht mehr unterstützen. Jeder soll selber hingehen, sich seine eigene Meinung bilden. Sie können doch selber denken Ich verstehe dich nicht Ihr kommt mir wie verwandelt, wie hypnotisiert vor. So, als ob ihr von der Welle erfaßt und verschlungen worden seid.
David Nein, wir sind durch die Welle zu einer Gemeinschaft geworden. Alle gehören zum selben Team. Endlich sind alle gleich. Laurie David Laurie David Laurie David
Das wäre schön, aber so ist es nicht Nur weil du keine besondere Rolle mehr spielst, bist du gegen die Bewegung. Dich kränkt, daß du nicht mehr die Klassenbeste bist Darum geht es doch nicht Das weißt du genau. Doch Laune, so ist es. Weißt du, wie es uns gehemmt hat, wenn du immer die richtigen Antworten gewußt hast? Die tolle Laurie, die Klassenbeste! David, wie kannst du nur so dumm sein? Dumm? Dann ist es wohl besser, wenn du dir einen intelligenteren Freund suchst
(Blackout)
35 13. DIREKTOR OWENS Ross Owens Ross
Direktor Owens, Sie haben mich rufen lassen? Gut, daß Sie da sind, Den. Nehmen Sie doch Platz. Sie haben schon die ganze Schule in Unruhe versetzt Das mag sein, Sir. Aber die Zahl der Teilnehmer an meinem Geschichtsunterricht ist gestiegen. Die Werbung neuer Mitglieder war offenbar erfolgreicher als ich dachte. Seltsamerweise bleiben die Schüler aber nicht im Stoff zurück, obwohl viel Zeit für Zeremonien und das Aufsagen von Wahlsprüchen verwendet wird. Auch die häusliche Vorbereitung und die Beteiligung am Unterricht haben sich wesentlich gebessert. Ich glaubte, die Welle ist deswegen so verlockend, weil sie einfach mal was Neues und anderes ist Da alle gleich sind, werden das Konkurrenzdenken und die Cliquenwirtschaft überwunden. Sie wissen selbst, daß in den letzten Jahren die Disziplin zu einem immer schwierigeren Problem geworden ist Möglicherweise kann dieser Versuch zu einer Stärkung der Schuldisziplin beitragen.
Owens Ross Owens Ross Owens Ross Owens
Ross
Ich weiß Ihre Arbeit zu schätzen und vertraue Ihrem Urteil. Aber sind Sie wirklich sicher, daß die Schüler dadurch im Stoff nicht zurückbleiben? Im Gegenteil Sie sind eher cm Stück voraus. Aber es gibt doch auch Schüler außerhalb der Klasse, die an der Welle beteiligt sind, oder? Ja, aber es hat doch bisher keine Klagen gegeben. Christie hat mir sogar erzählt, daß die Klasse sich verbessert hat Trotzdem, Ben. Diese Wahlsprüche und diese ganze Grüßerei, das alles stört mich ein bißchen. Kein Grund zur Beunruhigung, Mister Owens. Das gehört einfach zu den Spielregeln, und außerdem, Trainer Schiller .... la, ja, ich weiß. Er war gestern bei mir und hat von der Welle nur so geschwärmt. Er sagte, seine Footballmanschaft sei wie umgekrempelt Man könnte meinen, unsere Schulmanschaft würde künftig alle Pokale gewinnen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie am Samstag die Mannschaft von Clarkstone schlagen würden. Aber das ist nicht meine Sorge. Ich denke an die Schüler. Mir ist unklar, wie sich die Welle entwickeln könnte. Natürlich weiß ich, daß Sie keinerlei Regeln verletzt haben, aber es gibt auch Grenzen. Das ist mir klar. Aber das Experiment kann nur so weit gehen, wie ich es zulasse. Solange die Gruppe bereit ist, mir zu folgen, kann die Sache nicht außer Kontrolle geraten.
Owens Um ganz offen zu sein, diese Geschichte ist so ganz anders, als alles, was ich bisher im Schulalltag erlebt habe. Ich weiß wirklich nicht so recht, was ich davon halten soll Wir sollten auf jeden Fall die Entwicklung im Auge behalten. Vergessen Sie nicht, Ben, an diesem Experiment sind junge Menschen beteiligt, die ihre Urteilsfähigkeit noch ausbilden müssen. Manchmal treibt sie die Begeisterung in eine falsche Richtung. Ben, versprechen Sie mir, daß ich hier demnächst keine Parade aufgebrachter Eltern und Kollegen aufziehen sehe.
36 Ross Owens Ross Owens Ross Owens Ross
Abgemacht Ich kann nicht gerade sagen, daß ich begeistert bin, aber bisher hatte ich niemals Grund, an Ihnen zu zweifeln. Das wird auch so bleiben Gut Übrigens, Ben. Der Anzug steht Ihnen ausgezeichnet Ich erinnere mich gar nicht, Sie jemals im Anzug gesehen zu haben. Für mich ist es auch neu. Hat das vielleicht auch etwas mit der Welle zu tun? Ja, in gewisser Weise... (Während der Schlußsätze hört der Zuschauer den Spruch: "Starke durch DiszipJin! Stärke durch Gemeinschaft! Stärke durch Aktion!" Dieser Kontrast kann durch ein Schattenspiel wirkungsvoll ergänzt werden.)
(Blackout)
37 14. REDAKTIONSBÜRO Alex Hi Laurie. Sieh dir das an. (Alex zeigt ihr Fotos, doch Laurie schiebt sie zur Seite) Was ist los? (Laurie weint) David? Laurie Hmm. Wir sind nicht mehr zusammen. Alex Laurie Alex
Wegen der Welle? (Laurie nickt) Mach dir keine Sorgen. Vergiß die Welle. Paß mal auf ... (legt ihr die Fotos vor) Ich hab' was. Das ist Robert, na und? Und hier?
Laurie Das ist doch Ross, oder? Alex Laurie Alex Laurie
Ja. Robert läuft den ganzen Tag hinter ihm her, sogar im Supermarket. Kannst du dir das erklären? Du bist doch auch in dieser Bewegung. Das weiß ich selber nicht genau. Aber Robert hat bei Ross einen Halt gefunden. So. Und das? Eine Prügelei. Das kommt doch fast jeden Tag vor.
Alex
Das ist eure Mitgliederwerbung. Hier wollte einer nicht grüßen. Er wollte nicht mitmachen in eurer tollen Gemeinschaft.
Laune Alex Laurie
Aber das kann er doch selbst entscheiden. Eben nicht Er sollte gezwungen werden. Aber das hat doch nichts mit der Welle zu tun, oder?
Alex
Laurie
Da ist noch etwas. Steve hat es mir erzählt Ich habe seine Information noch nicht überprüft Aber dieser Junge, den sie verprügelt haben, war neu an unserer Schule. Seine Eltern sind erst vor einem Jahr zu uns gezogen. Dann wäre er doch der ideale Kandidat für die Welle.
Alex Ja, vielleicht, aber dieser Junge ist Jude. Laurie
Du meinst doch nicht ... dass so etwas bei uns ... Ich meine, ich bin zwar kein Anhänger der Welle, aber so ist es doch auch nicht
Alex Laurie Alex Laurie
Bist du ganz sicher? Nein, nicht mehr. Hör zu, kannst du das beweisen, was du sagst? Gib mir zwei Stunden, dann kann ich es dir sagen. Gut. Aber kein Wort zu den anderen. Und ich schreibe einen Artikel: "Die Welle-ein Versuch, der zu weit geht." (Blackout)
38 15. FOOTBALSTADION (Am Einlaß. Alle Schüler, außer Laurie tragen eine Armbinde) Janet, Andrea Brad
(grüßen mit dem Welle-Gruß) Hi! (grüßt mit dem Welle-Gruß) Hi! Was wollt ihr denn hier?
Janet, Andrea
Anfeuern natürlich!
Amy Brad
(grüßt mit dem Welle-Gruß) Gewinnen wir heute? Keine Frage!
Amy Brad
Ich bin gespannt (Brad gibt den Weg frei.) Na dann, viel Spaß!
Andy Brad
(Andy kommt, grüßt lax, Brad grüßt zurück.) Hi! Wer spielt heute als Vorgruppe? Das ist ein Footballmatch, da gibt es keine Vorgruppe.
Andy Brad
Aber mein Bruder spielt da unten mit! Ach, du meinst das Vorspiel. Die Kleinen sind schon in der zweiten Halbzeit (Er gibt den Weg frei)
Andy Laurie Brad Laude
(geht vorbei, dreht sich noch einmal um) Vorspiel ist 'ne schöne Sache, was? (lacht) (Brad schaut in Richtung Footballstadion. Laurie geht an ihm unbemerkt vorbei) Hi, Brad! Stop! Ach Laude, ich hab' dich gar nicht erkannt. Wieso? Seh' ich von hinten so anders aus? Was machst du noch hier?
Brad Laune Brad
Hast du nicht etwas vergessen? Wie? Was? Du weißt schon.
Laurie Brad
Wovon redest du eigentlich? Der Gruß.
Laurie Brad Laurie
Du meinst, ich darf nicht auf die Tribüne, wenn ich nicht grüße? Ja, das haben wir beschlossen. Wer "wir"?
Brad Laude
Die Welleversammlung, Laurie. Was ist schon dabei? Du grüßt, und schon kannst du 'rein. Nun mach' nicht so 'n Krampf Ihr könnt doch nicht über alle bestimmen?
39 Brad Daß du immer aus der Reihe tanzen mußt! Laude Willst du etwa behaupten, daß alle vorher gegrüßt haben? Brad Was meinen Teil der Tribüne betrifft, bestimmt Laude, nun mach' schon diesen blöden Gruß! Laurie Und wenn ich ihn nicht mache? Brad Dann darf ich dich nicht 'reinlassen. Laude Das ist doch lächerlich und du weißt es ganz genau! Brad (peinlich berührt, es könnte jemand gucken) Das Spiel fängt an. Na gut, dann grüß' eben nicht und geh' weiter, ich glaube, es guckt gerade niemand zu. Laurie (Jetzt will sie nicht mehr.) Brad, warum machst du das eigentlich? Robert (Robert tritt auf. Brad wird wieder sicher) Stärke durch Disziplin! Brad Stärke durch Gemeinschaft! Robert Brad, alles in Ordnung? Du weißt ja, du darfst keinen 'reinlassen ohne den Gruß und ohne den Mitgliedsausweis. (geht ab) Laurie Hast du Angst? Brad Ich fürchte mich vor keinem, aber du solltest lieber vorsichtig sein. Viele haben gemerkt, daß du nicht bei der Vereidigung der neuen Mitglieder warst Laude Na und? Brad Ich will nichts gesagt haben, ich meine nur so.
(Blackout)
40 16. SCHULE (Laurie liest ihren Artikel im Redaktionsbüro.) Laurie
"DIE WELLE -EIN VERSUCH DER ZU WEIT GEHT“ Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft, Stärke durch Aktion, - die Parolen der Welle dürften inzwischen hinlänglich bekannt sein. Im Geschichtskurs von Mr. Ross ist die Welle als durchaus positive Sache initiiert worden. Die Welle als eine Gemeinschaft ohne Außenseiter. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, die belegen, daß die Welle zu einer Gefahr geworden ist Das Faß der guten Absicht scheint unkontrolliert überzuschwappen. Der Redaktion liegen jetzt Berichte vor, wie die Welle wirklich ist; so bedrohen Mitglieder der Welle andere Schüler, wenn diese Zweifel anmelden. Die Schergen der Welle sind scheinbar überall, gängeln die Mitschüler, machen jeden zum Außenseiter, der sich nicht der Gemeinschaft anschließen will (Überblende: Laurie hört langsam auf, den Text zu lesen. Gleichzeitig beginnt Amy, die auf der Hauptbühne auftritt, den Text weiterzulesen. Das Licht wechselt von Laurie zu Amy.)
Amy Die Welle schränkt ganz klar die Freiheitsrechte ein. Jeder, der jetzt noch Zweifel an der Welle ausspricht, begibt sich in Gefahr. Bald werden die verfolgt werden, die es wagen, nicht der Welle beizutreten. Erst gestern ist ein Schüler unter den Schlachtrufen der WelleBewegung verprügelt worden. Die gleichen Schlachtrufe haben aber nicht verhindern können, daß unsere Footballspieler gegen die Mannschaft aus Clarkstone mit 42:6 unterlagen. Die Idee, die helfen sollte, Schüler zu mündigen Bürgern werden zu lassen, entwickelt sich unaufhaltsam zur Katastrophe. Deshalb heißt es jetzt, der Welle Einhalt zu gebieten. Die Welle muß sofort aufgelöst werden. Wir brauchen keine Aufer und keine Führer. Wenn wir uns jetzt nicht wehren, kann es schon bald zu spät werden. Die Freiheit jedes Einzelnen steht auf dem Spiel, denn was als Versuch, als Spiel begann, ist schon längst bitterer Ernst.
Janet Brian Robert Amy
(Während Amy den Artikel gelesen hat, ist die gesamte Gruppe in einem Halbkreis hinter ihr erschienen.) Bisher habe ich nicht davon gehört, daß jemand zusammengeschlagen wurde. Das war auch nicht so. Es war eine der üblichen Raufereien. Alles nur Sensationsmache. Das haben doch diese Redaktionsfuzzies nur erfunden, um der Bewegung zu schaden. Ich habe ihr doch gesagt, daß sie das nicht veröffentlichen soll.
Andy Robert Andrea
He, was soll denn das? So einfach kannst du das nicht sagen. Du bist nur sauer, weil Laurie nicht mitmacht Dann soll sie auch aufhören, negativ über die Welle zu schreiben, du weiche Birne. (Robert geht auf Andy zu.) Und wenn doch etwas dran ist?
Robert Das sind doch alles Lügen!
41 David Robert David
Janet
So wichtig ist das doch auch wieder nicht Niemand kümmert sich darum, was Laurie sagt oder schreibt Soll das 'n Witz sein? Jeder, der das liest, bekommt eine völlig falsche Vorstellung von der Welle. Immer mit der Ruhe. Wir können die Leute nicht zwingen an die Welle zu glauben. Wir müssen sie überzeugen. Wenn die Welle erst richtig funktioniert, dann erkennen alle die Vorteile der Welle-Bewegung. Aber wenn wir nicht aufen, dann werden solche Leute wie Laurie alles verderben. Habt ihr denn nicht die Gerüchte gehört, die umlaufen. Daß Eltern und Lehrer sich beim Direktor beschwert haben. Die mobilisieren alle gegen die Welle, und dann solche ArtikeL
Robert David
Laurie Saunders ist eine Bedrohung! Man muß sie an ihren Plänen hindern. He, Moment mal. Wir können doch nicht alle unterdrücken, nur weil sie nicht in der Welle sind. Wir sollten das anders anfangen. Wir müssen noch eindringlicher für die Idee der Welle werben Wenn alle erstmal das erlebt haben, was wir erleben, dann huren die kritischen Stimmen von alleine auf. Wir müssen noch stärker zusammenhalten. Ich verstehe sowieso nicht, wieso es noch Nicht-Mitglieder gibt
Brad
David Brad
Und diese miese Bemerkung über das Footballspiel? Die können doch nicht erwarten, daß die Welle eine Wunderdroge ist. Aber Teamgeist und Kameradschaft sind schon stärker geworden, die sportlichen Erfolge kommen später. Woher soll Laurie das denn auch wissen?! Dann soll sie sowas auch nicht schreiben.
Robert Brad Brian
mal auf. Entweder du redest mit Laurie oder wir bringen sie zum Schweigen. Genau! H ö r zu , D a vi d R o be r t l äß t s i c h ma n ch ma l zu s e h r vo n s e i ne r Begeisterung mitreißen. Aber in der Sache hat er doch recht Wenn Laurie weiter so einen Unsinn schreibt, dann hat die Welle doch gar keine Chance mehr. Wenn überhaupt jemand Laurie dazu bringen kann, mit ihren Angriffen aufzuhören, dann bist du das. (zu den anderen) Der macht das schon. (BLACKOUT)
ÜBERGANG ("Lauries Alptraum" - Spannungsvolle Musik setzt ein. Nur ein Spot erleuchtet ein Gass e. Laurie trit t auf und f ür chtet si ch. Di es er Übergang spielt mit Licht und Schatteneffekten. Am Ende taucht David auf und faßt sie von hinten au die Schulter. Laurie schreit. (LICHT)
42 Laurie David Laurie David Laurie
David Laurie David Laurie
Oh, David. ich hab' mich ja so erschreckt! Ich muß mit dir reden, Laurie. Ich bin es gar nicht mehr gewohnt dich alleine zu sehen. Wo ist dein Stoßtrupp? Hör auf, bitte, Ich will wirklich in aller Ruhe mit dir etwas besprechen. (ironisch) Ach übrigens, du hast deinen tollen Welle-Ausweis im Redaktionsbüro liegenlassen. (Laurie läßt den Ausweis fallen. David bückt sich danach.) Ist deine Armbinde in der Wäsche? Laurie, du mußt aufhören, solche Artikel zu schreiben. Von dir laß ich mir gar nichts verbieten, David. Du schaffst nur dir selber Probleme damit Die Welle ist die Ursache unserer Probleme.
David Ach Laurie, versteh' doch. Wir wollen dich auf unserer Seite haben und nicht als Gegner. Laurie
Wenn du den Artikel begriffen hättest, dann würdest du mich auch verstehen.
David Ich glaube eher, daß du nicht begriffen hast, worum es geht Verstehst du nicht, was für eine große Sache an dieser Schule iert? Wir sind alle eine Riesengemeinschaft. Das hätte sich doch vor einem Jahr niemand träumen lassen Laurie
David Laurie David
Ja? Und diese herrliche Gemeinschaft hat die gesamte Schule überrollt Guck' dir doch an, was iert ist Ein Junge ist verprügelt worden. Andere müssen sich widerlichen Repressalien aussetzen. Das war ein unglücklicher Zufall. Es wird immer wieder Leute geben, die man mit Argumenten nicht überzeugen kann. Ja, Gewalt und Drohungen, das sind eure Argumente. Der Zweck heiligt die Mittel, Laune.
Laurie
Laurie
Und das Spiel gegen Clarkstone. Da habt ihr auch deutlich versagt David Alles braucht seine Zeit Aber darum geht es ja gar nicht Laurie, wir haben beschlossen, deinen Schmierereien ein Ende zu machen. So oder so. Wir wollen doch nur, daß unser System funktioniert Aber nicht mit mir!
43 David Laune David
(er packt Laurie am Arm) Du mußt sofort aufhören, derartige Artikel zu schreiben. David, laß meinen Arm los! Laurie! Du wirst aufhören, die Welle anzugreifen und unsere Bewegung fortwährend zu beschimpfen.
Laurie David
Ich werde auch weiterhin alles das schreiben, was ich für richtig halte und lasse es mir nicht verbieten. Wir werden es dir verbieten!
Laurie Ich hasse dich! Ich hasse die Welle! Ich hasse euch alle! David Sei still! (David wirft Laurie zu Boden. Erschrocken über seine Reaktion geht er langsam auf Laurie zu und tröstet sie)
(Blackout)
44 17. ROSS Christie Ben
(Ben nimmt eine Kopfschmerztablette) Was ist Ios mit dir, Ben? Ich bin früher gegangen, weil ich mich nicht wohl fühle. Aber jetzt brauch' ich Ruhe. Ich muß mich für den Unterricht vorbereiten.
Christie Hen
Aber ich muß mit dir reden. Kann das nicht warten? Ich habe bis morgen viel zu tun.
Christie
Ren
Ben
Nein. Das kann nicht warten. Hast du denn gar keine Vorstellung, was an der Schule los ist? Die Hälfte meiner Schüler ist abgesprungen, nur um zu dir zu gehen. Deine Welle bringt die ganze Schule in Unruhe. Mindestens drei Kollegen haben mich heute angesprochen und gefragt, was du eigentlich vorhast Die erkennen nicht den Sinn des Versuchs. Sogar Direktor Owens hat sich der Sache angenommen. Ich weiß. Aber sie haben eben keine Ahnung, was ich beweisen wi!J. Christie Woher auch? Ist dir eigentlich klar, daß der Schulrat anfängt, deine Schüler zu befragen? Weißt du denn selbst noch, was du beweisen willst? Das glaubt nämlich kaum noch jemand an der Schule. Glaubst du, ich wüßte das nicht? Ich weiß, was man sagt Ich sei ausgeflippt und machtbesessen. Ich befände mich auf einem Ego-Tripp.
Christie Hen Christie
Ist das wirklich sn abwegig? Überleg' doch mal, was für Ziele du früher hattest Sind das noch dieselben wie heute? Ich dachte, du stehst auf meiner Seite? Ich stehe auf deiner Seite, Ben. Aber so, wie du dich seit einigen Tagen verhälst, erkenne ich dich nicht mehr wieder. Du hast dich in der Schule so in die Rolle eines Diktators (Ben widerspricht)... eines Diktators hineingesteigert, daß du sie auch noch spielst, wenn du nach Hause kommst. Du mußt dem ein Ende setzen!
Hen Christie Hen Christie
Das geht jetzt nicht Wann denn? Willst du etwa abwarten, bis etwas iert, was alle bereuen werden? Ich kann nicht aufhören. Die Schüler wären verwirrt. Anstatt ihnen etwas beizubringen, hätte ich ihnen geschadet Na, dann sind sie eben verwirrt.
Beu Christie Ben
Das kann ich nicht tun. Ich bin ihr Lehrer. Ich trage die Verantwortung für die Welle. Sicher ist mir der Versuch etwas außer Kontrolle geraten, aber ich werde das tun, was ich für richtig halte. Und was ist das?
-
Ich muß es soweit bringen, daß sie es von alleine begreifen. Nur dann haben sie wirklich etwas gelernt
45 Christie Hoffentlich meint das Direktor Owens auch. Du sollst morgen früh sofort zu ihm kommen. Ben, er wird der Sache ein Ende bereiten, wenn du es nicht tust Und wenn er eingreifen muß, dann wird dein Experiment auf jeden Fall ein Fehlschlag Ich glaube, ich fange an zu begreifen, was du bewirken willst Aber hast du jemals daran gedacht, was iert wenn dein Experiment nicht funktioniert? Daß du deinen Ruf als Lehrer aufs Spiel setzt, die Eltern ihre Kinder nicht mehr in deine Klasse lassen? Ben Übertreibst du jetzt nicht? Christie Nein. Ist dir nie eingefallen, daß du auch mich in Gefahr bringst? Manche glauben doch, ich bin in die Welle-Idiotie verwickelt, nur weil ich deine Frau bin. Kommt dir das fair vor? Du bist in Gefahr, nach zwei Jahren an der Gordon Highschool deinen Job zu verlieren. Du wirst morgen mit alledem aufhören, Ben! Ben Christie, ich weiß, daß ich aufhören muß. Aber ich weiß noch nicht, wie Christie Willst du das morgen etwa dem Direktor erzählen? Den, du bist doch der Führer der Welle. Du bist es doch, dem sie blindlings folgen. (Es klingelt) Laß nur ich mach schon auf. (Christie geht zur Tut) David (im Off) Guten Abend, Mrs. Ross, können wir Ihren Mann sprechen? Christie Ja, geht nur durch in sein Zimmer. Ben Was macht ihr denn so spät hier? David Mr. Ross, wir müssen mit Ihnen sprechen. Es ist wirklich sehr wichtig. Ben Setzt euch. Darf ich euch etwas anbieten? David Nein, danke. Mr. Ross, uns beschäftigt ein Problem. Ben Welches? David Die Welle. Laurie Wir wissen, was die WeJle für Sie bedeutet, aber sie geht zu weit. David D i e W e ! l e h at s i c h ver s el b s t ä n di gt . N i e ma n d h a n d el t me h r eigenverantwortlich. Die Welle lähmt alles. Laurie Die Schüler haben Angst Datum sagt keiner etwas gegen die Welle. Alle fürchten sich vor Konsequenzen. David Die Mitschüler bespitzeln sich gegenseiti g. Keiner kann sich unterhalten, ohne befürchten zu müssen, daß ein anderer zuhört. Wir fürchten uns alle, Mr. Ross. Es ist fast wie in einem totalitären System. Laurie und ich haben tagelang nicht mehr miteinander gesprochen. Vorhin hätte ich beinahe die Beherrschung verloren und sie geschlagen. Das geht anderen genauso. Das ist alles viel schlimmer als im Film.
46 Laurie Kann dieser Alptraum nicht aufhören? Ben Ihr habt recht! Ich werde die Welle vernichten. David Aber wie denn? Ben Ihr habt erlebt, wohin die Welle rühren kann. Doch viele andere Mitglieder sind noch nicht so weit. Laurie Und was wollen Sie tun? Ben Ich werde die Bewegung auflösen. Aber, ich tue es auf meine Weise. Ihr müßt mir vertrauen. David Sie können sich auf uns verlassen. (Ross bringt die beiden zur Tür) Ben Noch etwas. Wenn ihr morgen zur Schule geht, tut so, als ob nichts geschehen wäre. Sagt keinem, was wir heute abend abgesprochen haben. Ich muß die Sache erst zu Ende führen. Abgemacht? David /Laurie 0.K
(Blackout)
47 18. DIREKTOR OWENS Ross ...und damit werde ich den Schülern einen Spiegel vorhalten, in dem sie ihr eigenes Verhalten erkennen können. Ich bin verantwortlich für die Welle. Ich kann die Sache jetzt nicht einfach abbrechen. Owens
Verdammt nochmal, Ben! Ihr Experiment interessiert mich nicht mehr. Ihre Kollegen beschweren sich bei mir. Alle fünf Minuten werde ich von besorgten Eltern angerufen. Soll ich denen etwa sagen, daß sich die Schüler in einer Laborsituation befinden, in einem Experiment Gordon High als awählter Versuchskäfig einer neuen Nation.
Ross Owens
Ich weiß, daß Sie unter Druck stehen. Nichts wissen Sie. Gestern ist der junge Aaron Miller zusammengeschlagen worden. Sein Rabbi war hier. Der Mann hat zwei Jahre in Auschwitz verbracht Der hat den Holocaust am eigenen Leibe erfahren. Er mußte mitansehen, wie seine Familie gefoltert und ermordet wurde. Und jetzt wird ein jüdischer Junge verprügelt, nur weil er Ihrer Bewegung nicht folgen will. Glauben Sie, der interessiert sich für Ihr Experiment?
Ross
Owens Ross
Ich weiß, ich bin zu weit gegangen. Ich habe einen Fehler gemacht Ich habe mich mitreißen lassen Mir ist die Sache außer Kontrolle geraten Ein Geschichtskurs ist sicherlich kein wissenschaftliches Labor. Ich sehe ein, ich hätte nicht mit Schülern experimentieren dürfen, die gar nicht wissen, daß sie Teil eines Experimentes sind. Aber vergessen Sie doch bitte mal für einen Augenblick, daß ich Fehler gemacht habe. Sehen Sie wenigstens jetzt den Tatsachen ins Auge: Zweihundert Schüler glauben an die Welle. Sie hüten auf mich. Ich brauche nur noch einen Tag, um ihnen eine Lektion zu erteilen, die sie niemals vergessen werden. Und was soll ich Eltern und Lehrern inzwischen sagen? Sagen Sie ihnen, daß heute abend altls vorbei sein wird.
Owens
Ben, ich will ganz offen mit Ihnen sprechen. Begeistert bin ich nicht von dem Plan, den Sie mir vorhin erzählt haben. Die Welle hat das Prestige unserer Schule nicht gerade verbessert Ich gebe Ihnen noch diesen einen Tag, aber ich warne Sie: Wenn Sie es nicht schaffen, sind Sie fristlos entlassen.
(Blackout)
48 19. SCHULKLASSE Brad Robert
(Alle Schüler, bis auf Amy, Brian, David und Laurie sind schon da.) Waren das alle Aufgaben für heute? Das interessiert mich im Moment einen Dreck. Was mich viel mehr interessiert, ist die Welle. Ich sehe in letzter Zeit zerstörerische Tendenzen an unserer Schule.
Brad Du meinst ... Lauries Artikel? Robert Janet
Genau den meine Ich. Laurie muß eine Gegendarstellung schreiben.
Andy Brad Robert Andrea Robert
Mensch, Robert, stell' dir vor, Laurie schreibt für die Welle. Das wäre doch irre, sie hat 'ne gute Schreibe. Wenn sie nicht für uns schreibt, schreibt sie überhaupt nicht mehr. Genau! Du sagst es, die kannste abschreiben. Nun wartet doch erst einmal ab. Vielleicht hat David sie ja doch rumgekriegt Pah! (Brian und Amy kommen herein.)
Brian/Amy (mit Gruß) Stärke durch Disziplin! Schüler Brian Andrea Robert Brian Robert Brad Robert
(mit Gruß) Stärke durch Gemeinschaft! Hat einer von euch schon David gesehen? Hat er sie rumgekriegt? Der war noch nicht da Quatsch! Dieser abgebrochene Footballzwerg, der steckt doch noch viel zu sehr in seiner emotionalen Krise. Laß David in Ruhe! Du weißt, in der Welle sind alle gleich Und manche etwas gleicher, was? Hört auf! Ihr wißt genau, es geht nur darum, daß Laurie den Artikel zurücknimmt! Wenn David so weitermacht, wird er selbst zu einer Gefahr für die Welle.
Laurie /David (Laurie und David kommen herein, hören den letzten Satz, grinsen sich an. Dann erst werden sie von den anderen gesehen. Sie grüßen ordnungsgemäß.) Stärke durch Disziplin! Schüler Brian
(mit Gruß) Stärke durch Gemeinschaft! Hallo Laurie!
Andy Is' ja heiß! (Alle setzen sich.)
49 Robert Abwarten. Ross
(Ross kommt herein, alle springen auf und grüßen.) Ja, Robert?
Robert Mit Ross, ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen. Ich habe in der Stadt, auf einer Wand, eine überdimensionale Weile gesehen. Hat dies etwas mit der Bewegung zu tun? Ross
Ja. Ich möchte Euch etwas mitteilen, was die Zukunft der Weile betrifft. Heute um fünf Uhr werden wir uns in der Aula versammeln. Nur Mitglieder der Welle sind zugelassen. Die Welle ist nicht nur ein Unterrichtsexperiment Die Welle ist weitaus mehr als das. Die Welle ist eine Bewegung, die nicht nur unsere Schule erfaßt hat Sie hat das ganze Land ergriffen. Ohne daß Ihr es wußtet, haben Lehrer wie ich überall Jugendgruppen gegründet und ausgebildet Ihr wißt, dieses Land hat ständig wachsende Inflationsraten, die Wirtschaft ist schwächer geworden, die Arbeitslosigkeit chronisch und die Verbrechen häufen sich. Wir müssen diesen Trend aufhalten. (Klatschen) Mit der Welle wollen wir der Nation zeigen, wie man durch Disziplin, Gemeinschaft und Kameradschaft eine morbide und unmoralische Gesellschaft verändert. Ich brauche wohl nicht auf das hinzuweisen, was wir an dieser Schule in den letzten Tagen geschafft haben. Wenn es möglich war, hier etwas zu verändern, dann können wir das auch in Fabriken, Behörden, Universitäten - kurz in allen Institutionen.
David Ross David
(Klatschen) (protestiert) Mr. Ross, Mr. Ross.. David, setz' dich! Aber Mr. Ross, Sie haben doch gesagt …
Ross
David Laurie
Ich habe gesagt, du sollst dich setzen. Unterbrich mich nicht! Hört weiter zu. Bei dieser Gelegenheit wird eine politische Persönlichkeit auftreten und sich als unser Führer vorstellen. Er tritt im Fernsehen auf und verkündet den Aufbau einer Jugendbewegung, die unter dem Namen "Die Welle" die ganze Nation erfassen wird. (Jubel bei den Schülern) Seid Ihr wahnsinnig Könnt Ihr nicht mehr selbständig denken? Begreift Ihr denn nicht, was er vorhat? Habt Ihr alle den Verstand verloren?!
Andrea Ross Ross
Ihr habt überhaupt keine Ahnung. Robert, Brad, führt die beiden aus dem Klassenzimmer und sorgt dafür, daß sie nicht mehr 'reinkommen. (Brad und Robert führen die beiden zur Tür.) Stop! Ich bringe sie selbst zum Direktor. (Sie gehen ab.)
50 5U Rober t Diese Verräter! Die sind wir los. Brian Leute. Wir haben im Moment etwas Wichtigeres zu tun. Brad Genau! Das mit denen regelt Direktor Owens schon. Rober t Wir müssen die Versammlung vorbereiten. Der Führer spricht zu uns. Amy Wer ist denn das überhaupt? Brad Das ist doch egal. Wir müssen es nur gut organisieren. Der Führer muß einen guten Eindruck von uns bekommen. Brian V or all em dar f es ni cht wi eder vor ko mmen, daß s ol che Gegner i n di e Versammlung kommen. Brad Es dürfen doch sowieso nur Mitglieder rein. Amy Wir müssen die Tür bewachen. Andy Wir bewachen die Tür. Brian Außerdem brauchen wir Werbung für heute Nachmittag. Amy Das mache ich. Brad Wir brauchen auch Uniformen für den Führer. J anet Jeder soll ein blaues Hemd anziehen, so wie Robert Brad Ja, und die Armhinden nicht vergessen! Robert Und auf der Bühne müssen Fahnen aufgestellt werden. Der ganze Raum muß von der Idee der Welle ergriffen sein. Brian Ich hin eine Stunde vorher da. Robert Gut Jeder kennt seine Aufgabe. Die Versammlung muß ein Erfolg werden. (Ross kommt wieder herein.) Alle Stärke durch Disziplin! Stärke durch Gemeinschaft! Stärke durch Aktion! Ross Ich erwarte, daß alle Mitglieder der Welle zu dieser Versammlung erscheinen. Jeder in dieser Klasse ist mir verantwortlich, daß die Versammlung ein voller Erfolg wird. Robert Mr. Ross, Sie können sich voll auf uns verlassen. ( Bl ac ko ut )
51 20. VERSAMMLUNG
Schüler
(Die Bühne und der Zuschauerraum verwandeln sich zur Versammlung Transparente werden an den Wänden ausgerollt Fernseher werden auf die Seitenbühnen gebracht Ren Ross steht auf der Bühne Die Türen werden von Posten bezogen. Fahnen werden militärisch reingetragen und aufgestellt Alles muß wie eine Zeremonie wirken. Ross macht den Gruß.) (im Saal) Stärke durch Disziplin! Stärke durch Gemeinschaft! Stärke durch Aktion! (Der Gruß sollte drei bis fünfmal ausgeführt werden und sich zu einem starken Eindruck aufbauen)
Robert Ross
(geht zu Ross) Die Türen sind geschlossen, und die Wachen sind auf ihren Posten. Danke, Robert, schalte jetzt bitte die Fernseher ein. (Robert schaltet die Fernseher ein.)
Robert
Mr. Ross, alles klar. (Auf den Bildschirmen ist nichts zu sehen.) Nach langer Pause:
Janet Ross
Wo ist denn unser Führer? Hier ist Euer Führer! (Dia: Hitlerportrait und Ton einer Hitlerrede; die Schüler sind entsetzt) Hört, was ich Euch zu sagen habe. Es gibt keine nationale Jugendbewegung der Welle. Es gibt keinen Führer. Ihr habt Euch für etwas Besonderes gehalten. Ihr habt die Freiheit eingetauscht gegen das, was man Euch als Gleichheit vorgesetzt hat Natürlich haben manche geglaubt, sie könnten jederzeit wieder aussteigen. Aber hat es jemand wirklich versucht? Wie weit wäret Ihr gegangen? Seht Ihr nicht, was aus Euch geworden wäre? (Dia: Hitlerjugend) Ja, Ihr wäret gute Nazis geworden. Hättet gehorsam die Uniformen angezogen. Ihr habt gesagt, so etwas könnte nie wieder geschehen. Aber warum habt Ihr dann diejenigen bedroht, die nicht zu Euch gehören wollten? Faschismus ist kein Phänomen, das nur andere Menschen betrifft Es steckt in jedem - jedem von uns. Ihr wolltet wissen, was Menschen veranlaßt, ihre eigene Vergangenheit zu leugnen. Aber wenn die letzten Wochen einmal vergangen sein werden, werdet Ihr zugeben können, mitgespielt zu haben? Oder werdet Ihr zugeben können, Verantwortung übernommen zu haben? In gewisser Hinsicht könnte man sagen, daß keiner von Euch wirklich schuldig ist, denn ich habe Euch zu alledem verführt Sollte dieses Experiment erfolgreich gewesen sein, so werdet Ihr erkennen, daß jeder für seine Handlungen verantwortlich ist. Dann werdet Ihr niemals einer Gemeinschaft erlauben, sich Eurer persönlichen Rechte zu bemächtigen und nicht blindlings einem Führer folgen. (Dia aus) Ich weiß, daß dies eine schmerzliche Erfahrung für Euch ist, aber hoffentlich glaubt Ihr mir, daß die Welle auch für mich eine Lektion war. Ich bin sicher viel mehr zum Führer geworden, als ich es wollte. Die Welle hat mich anfangs selbst mitgerissen, aber am Ende habe ich sie nicht mehr steuern können. Bleibt zu hoffen, daß wir diese Erfahrung nie wieder vergessen werden. (Blackout)